Am Wochenende haben wir als Grüne Partei Schleswig-Holstein auf unserem Landesparteitag die ersten 14 Plätze der Landesliste für die Landtagswahl im Mai 2022 gewählt. Nachdem Monika Heinold und ich am 3. November bereits vom Landesvorstand als Spitzenduo vorgeschlagen wurden, wurden wir nun von den Delegierten gewählt*.
DANKE für Platz 2 und damit als Teil des Spitzenduos für die Landtagswahl 2022 mit Monika Heinold! Ich freue mich sehr!
Hier die Presseberichterstattung: NDR hier und hier, Lübecker Nachrichten, FAZ, Süddeutsche Zeitung, hamburg.de.
Hier könnt ihr euch meine Bewerbungsrede anschauen.
Meine Rede im Wortlaut:
Liebe Freund*innen,
vor fünf Jahren habt ihr mich hier auf Platz 11 gewählt. Ich glaube, dass viele damals nicht wussten, wen genau sie da eigentlich vor sich hatten.
Und auch ich hatte einen Riesenrespekt davor, was vor mir lag. Als erste Schwarze Abgeordnete im schleswig-holsteinischen Landtag.
Fünf Jahre später kann ich sagen, dass ich mich freue, dass ich damals den Mut hatte, diesen Schritt zu gehen.
Denn ich konnte für die Themen streiten, die mich in die Politik gebracht haben.
Der erste entscheidende Moment waren die Koalitionsverhandlungen.
Für mich war es wichtig, dass wir uns in Schleswig-Holstein von der Bildungs-, über Sozial-, bis hin zur Sicherheitspolitik mit Rassismus auseinandersetzen.
Ich bin stolz darauf, dass unser Aktionsplan gegen Rassismus beispielgebend für viele weitere Bundesländer geworden ist.
Und in der nächsten Legislatur werden wir für ein Landesantidiskriminierungsgesetz kämpfen.
Ich bin hier in Neumünster in einer Flüchtlingsunterkunft aufgewachsen. Ich habe erfahren was es bedeutet, wenn man von Anfang an eben nicht die gleichen Startbedingungen hat. Wenn man auf diesem Weg, trotz all‘ der Steine, die man in den Weg gelegt bekommt, weitermacht und sich durchkämpft.
Nun ist das aber keine Situation, die nur ich erlebe, sondern viele Menschen in diesem Land.
Eine weitere bittere Realität in Deutschland ist, dass sich viele Frauen vor ihrem Partner oder Ex-Partner schützen und Zuflucht suchen müssen.
An jedem Tag wird versucht eine Frau zu ermorden und an jedem dritten Tag gelingt dieser Versuch. Wir können dabei nicht tatenlos zusehen. Wir müssen das ändern.
Deshalb haben wir ein Sanierungsprogramm für Frauenhäuser beschlossen, das im Laufe der Legislatur ausgeweitet worden ist. Und auch darauf bin ich stolz.
Die Notwendigkeit dieses Programmes durfte ich bei meinen Besuchen aller Frauenhäuser sehen.
In den nächsten Jahren muss Gewalt gegen Frauen als sicherheitspolitisches Thema behandelt werden.
Ich bin stolz darauf, dass wir ein humanitäres Aufnahmeprogramm verhandelt haben. Vor einigen Monaten waren wir eines der ersten Bundesländer, das in einer Akutsituation sofort Bereitschaft signalisiert hat, Menschen aus Afghanistan aufzunehmen.
Und wir werden uns für weitere Programme einsetzen.
In den letzten fünf Jahren habe ich mich der Antidiskriminierungs-, der Frauen- und Migrationspolitik intensiv gewidmet und ich werde das auch in Zukunft tun – aus Überzeugung und für die Menschen, die es betrifft.
Heute stehe ich vor euch, weil mir die letzten Jahre gezeigt haben, dass ich das gerne tue, dass ich es kann und weil noch viel zu tun ist.
Der Kern der Unzufriedenheit von vielen Menschen in unserer Gesellschaft ist – Ungerechtigkeit.
Ungleiche Startbedingungen.
Zum Beispiel durch den Bildungshintergrund der Eltern.
Armut.
Zu viele, die trotz Arbeit oder der Betreuung von Kindern oder Angehörigen nicht genügend Geld am Ende des Monats haben.
Wohnen.
Zu viele, die sich keine angemessene Wohnung leisten können.
Anerkennung.
Zu viele, die, egal wie viel sie in dieser Gesellschaft arbeiten und leisten, nie die Anerkennung und den Respekt bekommen, den sie verdient haben.
Identität.
Zu viele, die tägliche Abwertung erfahren, weil sie einfach nur sind, wer sie sind.
Und über alle dem steht die größte Ungerechtigkeit – die Klimakrise.
Eine, die schon heute für viele Menschen auf der Welt massive Auswirkungen hat. Und erst recht für die nächsten Generationen.
Das alles zu benennen ist noch keine Politik. Anzuerkennen, dass wir als Politik gegen all diese Ungerechtigkeiten angehen können und müssen, hingegen schon.
Dafür braucht es Menschen, die sich dieser Verantwortung stellen wollen.
Monika Heinold und ich sind zwei Menschen, die das gemeinsam im Spitzenduo und mit all den wunderbaren Menschen, die wir heute noch wählen werden, tun möchten.
Wir wissen, was für einen Unterschied wir machen.
Beim letzten Wahlkampf hat die CDU Debatten zur Schweinefleischpflicht in Kantinen geführt. Heute machen wir mit ihr gemeinsam eine humanitäre Flüchtlingspolitik und progressive Antirassismuspolitik.
Damals haben wir über Abstände beim Windkraftausbau diskutieren müssen. Nächste Woche tritt das neue Energiewende- und Klimaschutzgesetz in Kraft.
Wir sind nach wie vor das Bundesland, das die meisten Windkraftanlagen genehmigt und fast 200% erneuerbaren Strom im Netz hat. Trotz aller Widerstände auf Bundesebene und des politischen Gegners hier.
Das Polizeigesetz. Im Gegensatz zu anderen Bundesländern, in denen Konservative maßgeblich ihre Handschrift erkennbar gemacht haben, konnten wir hier hochproblematische Instrumente wie z.B. den Einsatz von Quellen-Telekommunikationsüberwachung oder Onlinedurchsuchung verhindern.
Aber es gibt auch Themenfelder, bei denen wir in Zukunft mehr rausholen müssen.
Die neuen Impulse des Bundes in der Wohn- und Baupolitik, sind unsere Möglichkeit auch im Land eine gerechtere zu gestalten.
Wir wissen, dass das Auslaufen und die Nicht-Verlängerung der Mietpreisbremse und der Kappungsgrenzenverordnung hier Fehler waren und wir uns bisher nicht gegen CDU und FDP durchsetzen konnten. Beide behaupten, dass diese nichts bringen. Glaube ich nicht.
Denn beiden Instrumenten wurde nicht genügend Zeit gegeben, sodass sie ihre Wirkung entfalten konnten.
Wir werden diskutieren müssen, wie Menschen hier in Schleswig-Holstein auf dem Land leben können und unterschiedliche Jobperspektiven haben können.
Auch wenn immer wieder von Bauen, Bauen, Bauen gesprochen wird, wissen gerade wir Grüne, dass das allein nicht die Antwort sein kann, wenn man zeitgleich an unsere Flächensparziele denkt.
Wir brauchen klimafreundliche Sanierung, attraktive Mobilitätskonzepte und den Ausbau von sozialer und wirtschaftlicher Infrastruktur, gerade auf dem Land.
In der Erstellung unseres Wahlprogramms müssen wir einen Fokus auf die Verknüpfung dieser Themen setzen. Wie wir das Leben in Stadt und auf dem Land zeitgemäß gestalten können.
Wir wollen nicht nur mehr in der Wohnpolitik, sondern auch in der Klima-, Sozial-, Gesellschafts-, Innen- und Bildungspolitik.
Immer wieder beobachten wir, dass konservative Kanzlerinnen oder Ministerpräsidenten oft für liberaler gehalten werden als sie oder zumindest ihre Partei es sind.
Tatsächlich liberale, progressive Politik erkennt man in unserem aktuellen Koalitionsvertrag auf Bundesebene an der grünen Handschrift und ich bin froh, dass ich den gesellschaftlichen Bereich mitverhandeln durfte.
Was für ein Befreiungsschlag nach 16 Jahren Blockade von CDU und CSU. Was alles möglich sein kann in einem Land, wenn Mehrheiten sich verändern.
Ich werde trotzdem nicht anfangen die FDP oder die SPD zu romantisieren. Wir werden immer wieder gefragt, mit wem wir am liebsten koalieren wollen.
Wir werden immer wieder antworten, dass wir möglichst stark werden wollen, weil wir von unseren Konzepten am meisten überzeugt sind und uns deshalb für diese Partei entschieden haben. Ich weiß, dass da andere wechselhafter sind.
Ich habe Lust mit euch einen selbstbewussten Wahlkampf zu führen. Selbstbewusst in dem Anspruch, was wir gestalten wollen.
Lasst uns nicht vergessen, dass unsere Demokratie davon lebt, dass wir, die politische Verantwortung tragen, die Pflicht haben, unsere Arbeit jeden Tag aufs Neue zu erklären und diese auch zu rechtfertigen.
Wenn ich in den unterschiedlichsten Kreisen in Schleswig-Holstein unterwegs bin und auf Grüne treffen, die jahrzehntelang, wie im Herzogtum-Lauenburg dafür kämpfen, dass Kernkraftwerke abgeschaltet wurden. Dann sind das Erfolge, die es verdient haben, laut ausgesprochen zu werden.
Oder wenn ich bei euch in Flensburg bin, wo wir uns dafür einsetzen, dass Menschen auf der Flucht eine Zuflucht bekommen, dann ist das etwas, worauf wir stolz sein können.
Die logische Konsequenz aus unseren grünen Erfolgen und das Wissen darum, was wir noch erreichen können, ist, selbstbewusst zu beanspruchen stärkste Kraft im Land zu werden.
Mit Monika Heinold als Ministerpräsidentin und mir im Spitzenduo.
In Schleswig-Holstein.
Meinem zu Hause und der Ort, an dem ich leben und politisch gestalten will.
Ich bin Aminata Touré, 29 Jahre alt und bitte euch um eure Stimme.
Danke!
* (Da der Parteitag aufgrund der aktuellen Corona-Lage hybrid stattgefunden hat, fand am Wochenende zunächst eine Nominierung der Liste statt. Diese muss dann Anfang nächsten Jahres bei einem Parteitag in Präsenz von den Delegierten bestätigt werden.)