Sehr geehrte Frau Präsidentin,
liebe Kolleg*innen,
liebe Gäste auf der Tribüne,
ich muss gleich als erstes sagen, es ist schon bitter über Teilhabe und Integration zu sprechen in einer Zeit, in der der Bund die Rechte von Geflüchteten massiv beschneidet. Im Eiltempo werden Gesetze verabschiedet, denen ein Grundtenor von Abschottung, Abweisung, Ausgrenzung und finanzieller Kürzung für Integration zugrunde liegen.
Denn diese Gesetze haben auch Einfluss auf Schleswig-Holstein. Diese Gesetze beeinflussen die Politik auch in unserem Land. Da können wir als Land noch so viel über Teilhabe und Integration sprechen, wenn wir mit solchen Gesetzen umgehen müssen.
In Schleswig-Holstein wollen wir dennoch die Teilhabe von Menschen mit Flucht- und Migrationsgeschichte verbessern. Und ich möchte als erstes unterstreichen: Teilhabe und Chancengleichheit ist der Schlüssel für Integration und unsere Aufgabe ist es Zugangsbarrieren abzubauen.
Das Gesetz ist nur ein erster Schritt. Teilhabe zu schaffen und Integration zu ermöglichen ist eine Aufgabe, die die ganze Gesellschaft etwas angeht, und zwar dauerhaft.
Und um das zu verstehen hilft es manchmal die Perspektive zu wechseln und den Blick zu weiten, um sich zu fragen, wie es mit der Teilhabe und Integration von Menschen mit Flucht- und Migrationsgeschichte gestellt ist – in Parteien, in Sportvereinen, am Arbeitsplatz und vielen anderen Orten.
In Schleswig-Holstein haben 15,3% der Bevölkerung einen sogenannten Migrationshintergrund. Ich kann schlichtweg nicht davon ausgehen, dass bei etwa 442.170 Menschen kein Wille besteht in Parteien, Sportvereinen etc. sichtbar zu sein, das heißt ein Teil davon zu sein. Man muss Privilegien und Zugänge reflektieren. Daher ist es enorm wichtig, wenn wir über Integration reden, auch über Barrieren zu sprechen. Und ich muss kein Geheimnis daraus machen, dass ich mir gewünscht hätte, unser Gesetz würde ganz schlicht und einfach den Titel „Teilhabegesetz“ tragen und hätte den Fokus noch mehr auf diesen Aspekt gelegt.
Deshalb war es uns Grünen auch wichtig, dass es Maßnahmen geben wird, die sich dem aktiven Einsatz gegen Rassismus und Ausgrenzung widmen.
Denn: es gibt so viele Menschen, die gut deutsch sprechen, die hier arbeiten und sich selbst auch als deutsch bezeichnen und trotzdem wird es ihnen abgesprochen Teil dieser Gesellschaft zu sein. Denn Integrationsgesetzes oder die Debatten darum suggerieren oft, wenn man sich integriert, ist alles super. Aber die Erfahrung von Menschen mit Migrationshintergrund zeigen, dass das nicht stimmt.
Wir müssen uns also damit auseinandersetzen, dass es schlichtweg Menschen gibt in unserer Gesellschaft, die interessiert es nicht, ob ‚Aisha‘ tatsächlich gut integriert ist, die fühlen sich nämlich bedroht, wenn ‚Aisha‘ gut integriert ist und wollen nicht, dass ‚Aisha‘ überhaupt in Deutschland ist. Und da helfen 100 Integrationsgesetze nicht.
Wir müssen uns ernsthaft mit diesem Thema auseinandersetzen, weil es ansonsten immer eine Spaltung in der Gesellschaft geben wird.
Dennoch, wir haben uns auf ein Integrations- und Teilhabegesetz geeinigt und ich bin froh, dass wir dieses jetzt auf den Weg bringen. Denn es formuliert klare Ziele und Maßnahmen. Wie den Aufbau- und Erhalt von Integrations- und Teilhabestrukturen oder die interkulturelle Öffnung von Institutionen und Organisationen durch Aus- und Fortbildung.
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