Liebe Schülerinnen und Schüler,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Alle,
Ich bin Aminata Touré, bin seit Juni 2017 für die Grünen im schleswig-holsteinischen Landtag und bin in meiner Fraktion unter Anderem für die Themen Frauen und Gleichstellung zuständig.
Ich bin dort die jüngste Abgeordnete. Ich gehöre zu den leider nur zu 30% vertretenen Frauen im Parlament.
Gerade diese Woche wurde viel über das Thema Gewalt gegen Frauen diskutiert. Aber auch in den vergangenen Jahren.
Der Hashtag #metoo wurde durch die US-amerikanische Schauspielerin Alyssa Milano im Oktober 2017 bekannt. Frauen auf der ganzen Welt haben ihre Erfahrungen mit sexuellen Übergriffen geteilt. Viele mutige Frauen kamen dem Aufruf nach und haben ihre Erlebnisse mit der Öffentlichkeit.
Man könnte sich jetzt fragen: „Ja und, was bringt das? Wem hilft es, wenn tausende Frauen ihre Erfahrungen bei Facebook, Twitter oder Instagram teilen?
Es hat eine ganze Menge gebracht. Das Thema war auf einmal in der breiten Diskussion und erfuhr damit eine gewisse Enttabuisierung.
Mit Gewalterfahrungen an die Öffentlichkeit zu gehen oder sich auch „nur“ an eine vertraute Person zu wenden, fällt vielen Frauen immer noch schwer, weil die Scham, zu groß ist. Das Tabu, zu groß ist und die berechtige Sorge besteht, dass einem schlichtweg nicht geglaubt wird und der Täter dafür bestraft wird.
Frauen auf der ganzen Welt haben sich solidarisiert, in dem Wissen, nicht alleine mit den Erfahrungen zu sein. Laut der New York Times haben außerdem rund 200 mächtige Männer in den USA ihre Jobs verloren, nachdem sie beschuldigt wurden, sexuell übergriffig geworden zu sein. Rund die Hälfte dieser Stellen wurden übrigens mit Frauen besetzt.
Den Hashtag #metoo gab es ehrlich gesagt schon viel früher. Nämlich seit 2006. Er wurde von der Aktivistin Tarana Burke genutzt, um auf den sexuellen Missbrauch von afroamerikanischen Frauen aufmerksam zu machen.
Die Bewegung um #metoo begann in Alabama, um vor allem Schwarzen Frauen und Mädchen, Trans*-Frauen, Frauen mit einer Behinderung und Native American Women, die in den USA am meisten von sexualisierter Gewalt betroffen sind, eine Stimme zu geben.
Ich war im September in den USA. Ich war dort eingeladen zu einer Konferenz. Dort habe ich an einem Panel teilgenommen, bei dem es genau um diese Frage ging: Warum erfahren Schwarze Frauen, Latina-Frauen in den USA statisch nachgewiesen mehr Gewalt als weiße Frauen?
Tarana Burke sagt zu sexualisierter Gewalt:
„Das merkwürdige an sexualisierter Gewalt ist, dass sie alle Schichten der Gesellschaft durchdringt und trotzdem so isoliert. Jede denkt, sie sei die einzige, und dass es anderen Leuten nicht passiert oder dass unsere Erfahrung anders ist. Deshalb hat es so viel Kraft, wenn man diese Erfahrung mit jemand anderem teilen kann. Niemand will die erste sein, die diesen Schritt macht. Also lautet die Unterzeile: Du bist nicht alleine, es ist eine Bewegung.“
Hieran möchte ich thematisch anknüpfen. Gewalt gegen Frauen findet sich in allen sozialen Schichten, in jedem Land dieser Welt.
Der Titel der Studie ist meiner Meinung nach sehr aussagekräftig. Besonders beim Thema Gleichstellung müssen wir es in den letzten Jahren vermehrt beobachten, dass rechte Kräfte das Thema instrumentalisieren, um gegen Geflüchtete und/oder Muslime zu hetzen.
Ich möchte, dass wir über Gewalt gegen Frauen sprechen. Und zwar jeden Tag und egal, woher der Täter kommt und zwar so lange bis es diese erschreckenden Zahlen nicht mehr gibt. Und nicht nur dann, wenn es Rechten und Neonazis in ihre rassistische Argumentation passt.
Es gibt eine Studie aus dem Jahr 2013 von der World Health Organisation: „Violence against women: a global health problem of epidemic proportions“.
Die Studie macht deutlich, dass wir es hier mit einem globalen Problem zu tun haben. Frauen werden überall strukturell benachteiligt und sind überall potenzielle oder tatsächliche Opfer von Gewalt. Und das Ausmaß des Problems ist katastrophal:
Mehr als ein Drittel aller Frauen weltweit, erleben körperliche und/oder sexuelle Gewalt.
30 % aller Frauen erleben Gewalt durch ihren Ehemann oder Partner.
38 % aller weiblichen Mordopfer wurden von ihrem Ehemann oder Partner ermordet.
Die Wahrscheinlichkeit an Depressionen zu leiden ist für Frauen, die Gewalt durch ihren Partner erlebt haben, fast doppelt so hoch, wie für Frauen, die keine Gewalt erlebten.
Werfen wir den Blick auf die Europäische Union. Die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte hat 2014 eine Studie zum Thema Gewalt gegen Frauen heraus gebracht.
Jede dritte Frau hat angegeben, dass sie seit ihrem 15. Lebensjahr körperliche und/oder sexuelle Gewalt erlebt hat.
Über die Hälfte der Frauen, die in der Europäischen Union leben, meiden aus Angst vor körperlichen oder sexuellen Übergriffen bestimmte Orte oder Situationen
Die Studie zu der Situation von Frauen weltweit lässt sich fast 1:1 auf die EU übertragen. Gewalt gegen Frauen kann daher nicht aus dem europäischen, deutschen, eigenen Kontext herausgelöst und auf „die Anderen“ projiziert werden, weil Frauen im Westen ja bereits vollkommen gleichgestellt seien.
Deshalb will ich Ihnen auch was zu den Zahlen in Deutschland sagen vom Bundesministerium für Frauen
Diese Zahlen sind sogar noch höher als die Zahlen aus den Studien der WHO und der FRA.
40 % der in Deutschland lebenden Frauen haben angegeben, dass sie seit ihrem 16. Lebensjahr sexuelle und/oder körperliche Gewalt erlebt haben.
Fast 60% haben angegeben, sexuell belästigt worden zu sein.
42 % gaben an, psychische Gewalt erlebt zu haben.
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„Jeder hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person.“
(Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, Artikel 3)
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„Sie [die EU] bekämpft soziale Ausgrenzung und Diskriminierungen und fördert soziale Gerechtigkeit und sozialen Schutz, die Gleichstellung von Frauen und Männern, die Solidarität zwischen den Generationen und den Schutz der Rechte des Kindes.“
(Vertrag über die Europäische Union, Artikel 3, Absatz 3)
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„Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.“
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