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Aminata Touré

Ministerin für Soziales, Jugend, Familie, Senioren, Integration und Gleichstellung in Schleswig-Holstein

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Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen

25. November 2018

Liebe Schülerinnen und Schüler,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Alle,
Ich bin Aminata Touré, bin seit Juni 2017 für die Grünen im schleswig-holsteinischen Landtag und bin in meiner Fraktion unter Anderem für die Themen Frauen und Gleichstellung zuständig.
 
Ich bin dort die jüngste Abgeordnete. Ich gehöre zu den leider nur zu 30% vertretenen Frauen im Parlament.
Gerade diese Woche wurde viel über das Thema Gewalt gegen Frauen diskutiert. Aber auch in den vergangenen Jahren.
Der Hashtag #metoo wurde durch die US-amerikanische Schauspielerin Alyssa Milano im Oktober 2017 bekannt. Frauen auf der ganzen Welt haben ihre Erfahrungen mit sexuellen Übergriffen geteilt. Viele mutige Frauen kamen dem Aufruf nach und haben ihre Erlebnisse mit der Öffentlichkeit.
Man könnte sich jetzt fragen: „Ja und, was bringt das? Wem hilft es, wenn tausende Frauen ihre Erfahrungen bei Facebook, Twitter oder Instagram teilen?
Es hat eine ganze Menge gebracht. Das Thema war auf einmal in der breiten Diskussion und erfuhr damit eine gewisse Enttabuisierung.
Mit Gewalterfahrungen an die Öffentlichkeit zu gehen oder sich auch „nur“ an eine vertraute Person zu wenden, fällt vielen Frauen immer noch schwer, weil die Scham, zu groß ist. Das Tabu, zu groß ist und die berechtige Sorge besteht, dass einem schlichtweg nicht geglaubt wird und der Täter dafür bestraft wird.
Frauen auf der ganzen Welt haben sich solidarisiert, in dem Wissen, nicht alleine mit den Erfahrungen zu sein. Laut der New York Times haben außerdem rund 200 mächtige Männer in den USA ihre Jobs verloren, nachdem sie beschuldigt wurden, sexuell übergriffig geworden zu sein. Rund die Hälfte dieser Stellen wurden übrigens mit Frauen besetzt.
Den Hashtag #metoo gab es ehrlich gesagt schon viel früher. Nämlich seit 2006. Er wurde von der Aktivistin Tarana Burke genutzt, um auf den sexuellen Missbrauch von afroamerikanischen Frauen aufmerksam zu machen.
Die Bewegung um #metoo begann in Alabama, um vor allem Schwarzen Frauen und Mädchen, Trans*-Frauen, Frauen mit einer Behinderung und Native American Women, die in den USA am meisten von sexualisierter Gewalt betroffen sind, eine Stimme zu geben.
Ich war im September in den USA. Ich war dort eingeladen zu einer Konferenz. Dort habe ich an einem Panel teilgenommen, bei dem es genau um diese Frage ging: Warum erfahren Schwarze Frauen, Latina-Frauen in den USA statisch nachgewiesen mehr Gewalt als weiße Frauen?
Tarana Burke sagt zu sexualisierter Gewalt:
„Das merkwürdige an sexualisierter Gewalt ist, dass sie alle Schichten der Gesellschaft durchdringt und trotzdem so isoliert. Jede denkt, sie sei die einzige, und dass es anderen Leuten nicht passiert oder dass unsere Erfahrung anders ist. Deshalb hat es so viel Kraft, wenn man diese Erfahrung mit jemand anderem teilen kann. Niemand will die erste sein, die diesen Schritt macht. Also lautet die Unterzeile: Du bist nicht alleine, es ist eine Bewegung.“
Hieran möchte ich thematisch anknüpfen. Gewalt gegen Frauen findet sich in allen sozialen Schichten, in jedem Land dieser Welt.
Der Titel der Studie ist meiner Meinung nach sehr aussagekräftig. Besonders beim Thema Gleichstellung müssen wir es in den letzten Jahren vermehrt beobachten, dass rechte Kräfte das Thema instrumentalisieren, um gegen Geflüchtete und/oder Muslime zu hetzen.
Ich möchte, dass wir über Gewalt gegen Frauen sprechen. Und zwar jeden Tag und egal, woher der Täter kommt und zwar so lange bis es diese erschreckenden Zahlen nicht mehr gibt. Und nicht nur dann, wenn es Rechten und Neonazis in ihre rassistische Argumentation passt.
Es gibt eine Studie aus dem Jahr 2013 von der World Health Organisation: „Violence against women: a global health problem of epidemic proportions“.
Die Studie macht deutlich, dass wir es hier mit einem globalen Problem zu tun haben. Frauen werden überall strukturell benachteiligt und sind überall potenzielle oder tatsächliche Opfer von Gewalt. Und das Ausmaß des Problems ist katastrophal:
Mehr als ein Drittel aller Frauen weltweit, erleben körperliche und/oder sexuelle Gewalt.
30 % aller Frauen erleben Gewalt durch ihren Ehemann oder Partner.
38 % aller weiblichen Mordopfer wurden von ihrem Ehemann oder Partner ermordet.
Die Wahrscheinlichkeit an Depressionen zu leiden ist für Frauen, die Gewalt durch ihren Partner erlebt haben, fast doppelt so hoch, wie für Frauen, die keine Gewalt erlebten.
Werfen wir den Blick auf die Europäische Union. Die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte hat 2014 eine Studie zum Thema Gewalt gegen Frauen heraus gebracht.
Jede dritte Frau hat angegeben, dass sie seit ihrem 15. Lebensjahr körperliche und/oder sexuelle Gewalt erlebt hat.
Über die Hälfte der Frauen, die in der Europäischen Union leben, meiden aus Angst vor körperlichen oder sexuellen Übergriffen bestimmte Orte oder Situationen
Die Studie zu der Situation von Frauen weltweit lässt sich fast 1:1 auf die EU übertragen. Gewalt gegen Frauen kann daher nicht aus dem europäischen, deutschen, eigenen Kontext herausgelöst und auf „die Anderen“ projiziert werden, weil Frauen im Westen ja bereits vollkommen gleichgestellt seien.
Deshalb will ich Ihnen auch was zu den Zahlen in Deutschland sagen vom Bundesministerium für Frauen
Diese Zahlen sind sogar noch höher als die Zahlen aus den Studien der WHO und der FRA.
40 % der in Deutschland lebenden Frauen haben angegeben, dass sie seit ihrem 16. Lebensjahr sexuelle und/oder körperliche Gewalt erlebt haben.
Fast 60% haben angegeben, sexuell belästigt worden zu sein.
42 % gaben an, psychische Gewalt erlebt zu haben.
  1. „Jeder hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person.“
(Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, Artikel 3)
  1. „Sie [die EU] bekämpft soziale Ausgrenzung und Diskriminierungen und fördert soziale Gerechtigkeit und sozialen Schutz, die Gleichstellung von Frauen und Männern, die Solidarität zwischen den Generationen und den Schutz der Rechte des Kindes.“
(Vertrag über die Europäische Union, Artikel 3, Absatz 3)
  1. „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.“
(Grundgesetz, Artikel 2, Absatz 2)
Warum erwähne ich das? Wir haben als Frauen ein Grundrecht, ein Menschenrecht darauf, dass uns nichts geschieht. Dafür haben viele mutige Frauen und auch Männer gekämpft, damit das in die wichtigsten Dokumente hinein formuliert wird. Unserer Verfassung, in den Vertrag in die Europäische Union und in die Menschenrechtscharta.
Und ich sag es immer wieder: Unsere Verfassung formuliert alles, was wir zum guten, respektvollen und unversehrten Zusammenleben brauchen.
Unsere Aufgabe als Gesellschaft und gerade als Politik ist es genau das Realität werden zu lassen.
Gesetze, die Ansprüche formulieren, damit man konkret danach handeln kann und Gesetze, die klar bestrafen, wenn man sich nicht daran hält.
Und deshalb bin ich als Politikerin natürlich in der Pflicht davon zu berichten, was tue ich eigentlich, um genau dieses Ziel Frauen und Männer müssen gleich behandelt werden, zu erreichen?
–        2016 Junggrüner Frauenstammtisch gegründet. Jeden Monat treffen wir uns. Ein Ort an dem gerade junge Frauen sich zusammen finden sollen und sich gegenseitig stärken sollen. Ein Ort, an dem junge Frauen sich austauschen sollen, bekräftigen sollen.
 
–        Parlament:
Anfang diesen Jahres: Istanbul-Konvention für Deutschland in Kraft. Europäisches Gesetz zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“.
Das bedeutet, dass sich die Vertragsstaaten dazu verpflichtet haben, strukturell und aktiv gegen Gewalt gegen Frauen vorzugehen.
Dies schließt auch die Bereitstellung von finanziellen und personellen Mitteln sowie die Förderung von NGOs und Zivilgesellschaft ein.
Das Land Schleswig-Holstein ist das erste Bundesland in Deutschland, dass diesen Verpflichtungen nachkommt und finanzielle Mittel bereitstellt.
Wir haben außerdem 6,3 Mio. € für die Sanierung von Frauenhäusern bereitgestellt und werden für 30 zusätzliche Plätze in Frauenhäusern sorgen, da diese chronisch überfüllt sind und im letzten Jahr viele Frauen in den Frauenhäusern in Schleswig-Holstein abgewiesen werden mussten.
Aktuell besuche ich dieses Jahr außerdem alle 16 Frauenhäuser in Schleswig-Holstein. 14 habe ich schon besucht. Diese Besuche nutze ich auch, um in Pressegesprächen immer wieder das Thema Gewalt gegen Frauen in die Öffentlichkeit zu bringen.
Das Thema Gewalt gegen Frauen wird oft in einem Rahmen diskutiert, in dem meist nur Frauen anwesend sind. Als wäre es ein Thema, das nur uns was anginge. Dabei ist ja nachgewiesen, dass es fast immer Männer sind, die die Täter sind.
–        71 % der Frauen, die Gewalt erlebt haben, haben Gewalt ausschließlich durch Männer erlebt.
–        97 % der sexuellen Belästigungen waren die Täter männlich.
–        sexueller Gewalt gaben 99 % der betroffenen Frauen ausschließlich Männer als Täter an.
Gewalt gegen Frauen und Mädchen ist ein männliches Problem. Wir müssen darüber reden, warum Männer Frauen gegenüber gewalttätig werden.
Warum denkt Luca, dass Isabel sich „nur ziert, um interessant zu sein“, wenn sie nach einer durchtanzten Clubnacht nicht mit ihm nach Hause gehen will, statt zu respektieren, dass sie „Nein“ gesagt hat?
Wieso ist Ali ein „Weichei“, wenn er in der Öffentlichkeit weint?
Und warum sagt Herr Schröder, dass Frau Nowak eine hysterische Zicke ist, wenn sie ihn darauf aufmerksam macht, dass seine Machosprüche im letzten Meeting nicht in Ordnung waren?
Wir müssen gesamtgesellschaftlich viel mehr über Geschlechterrollen und die Auswirkungen von Geschlechterklischees sprechen.
Dem aktuellen Backlash, dem Schrei nach veralteten Geschlechterrollen der konservativen und faschistischen Kräfte in unserer Gesellschaft, müssen wir entschlossen und gemeinsam entgegentreten.
Nur so können wir die bisherigen feministischen Errungenschaften schützen und sie weiterentwickeln, damit das Ausmaß von Gewalt gegen Frauen, als Spitze des Eisberges einer strukturell verankerten Diskriminierung von Frauen, nicht noch größer wird.
Deshalb will ich anlässlich des Tags gegen Gewalt gegen Frauen mit folgendem abschließen:
Es ist nicht normal, dass junge Frauen davon erzählen, dass sie Angst davor haben abends alleine nach Hause zu gehen. Immer jemanden anrufen oder den Schlüssel in der Hand halten, damit sie einerseits etwas zum Verteidigen in der Hand halten und um ganz schnell in die Wohnung oder in das Haus zu kommen.
Es ist nicht normal, dass man es als Frau kennt im Club angegrapscht zu werden oder ein Mann nicht akzeptiert, dass man NEIN sagt. Dass man nicht flirten möchte, nicht tanzen möchte und ein NEIN nicht akzeptiert wird.
Es ist nicht normal, dass jeden 3. Tag eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet wird. Hier in Deutschland.
Es ist nicht normal, dass wir Frauenhäuser brauchen. Orte, an dem Frauen zum Glück Schutz vor Gewalt finden.
Das Schlimme ist aber, dass es für viele Frauen völlig normal ist.
Wir haben uns dran gewöhnt und es ist für uns Alltag. Normalität.
Wenn ich jede Situation, die ich grad genannt habe, umdrehe und das Gefühl habe, es wäre komisch sich vorzustellen, dass Frauen dasselbe Männern gegenüber antun, dann ist etwas falsch in unserer Gesellschaft.
Ich möchte in einer Gesellschaft leben und kämpfe für genau eine solche, in der es egal ist, welches Geschlecht ich habe.
Wir müssen uns als Frauen organisieren, gegenseitig stärken, für einander einstehen, für gleiche Rechte kämpfen und das jeden Tag, damit der Tag gegen Gewalt gegen Frau irgendwann nicht mehr nötig ist.
Vielen Dank!
 
Lest hier, wie bargteheide aktuell über die Ausstellungseröffnung berichtete.

Kategorien: Bei Veranstaltungen, Frauen und Gleichstellung, In Schleswig-Holstein, Reden, Unterwegs

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