Am Samstag hatte ich einen weiteren Termin im Rahmen meiner Vizepräsidentschaft. Die Stadt Kappeln hat ein Fest zur Ehrung des Ehrenamts organisiert und ich habe einen Redebeitrag gehalten, wie ihr hier im Schlei Bote nachlesen könnt:
„Die Vizepräsidentin des schleswig-holsteinischen Landtags stellte heraus, dass das Ehrenamt zudem die Möglichkeit biete, in eine fremde Welt einzutauchen – mit dem Ergebnis, „dass man selbst viel gibt, aber mehr zurückbekommt, als man gedacht hätte“. Das Ehrenamt sei mehr als eine Aufgabe, es sei Ausdruck von Menschlichkeit und innerer Haltung – „es ist ein Geschenk an die Gemeinschaft“, so Touré.“
Hier die komplette Rede:
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Traulsen,
liebe Ehrenamtliche,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
ich glaube, dass es die unterschiedlichsten Gründe gibt, weshalb man sich für ein Ehrenamt entscheidet. Die einen entscheiden sich dazu, weil sie gefragt werden in ihrem Verein eine Aufgabe zu übernehmen.
Die anderen sind auf der Suche nach einer Aufgabe, neben ihrer Hauptaufgabe, die da lautet Schule, Studium, Ausbildung, Job, Pflege der Familie, Mutter/Vateroder in Rente sein. Andere wiederum haben den Eindruck, dass sie helfen wollen und auch müssen, weil es Menschen gibt, die es schwerer haben, als man selbst.
Die Motivationen ein Ehrenamt zu übernehmen sind vielfältig. Die Auswirkung hingegen ist überall dieselbe: Es werden die unterschiedlichsten Dinge auf die Beine gestelltund zwargemeinsam.
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber man erwischt sich doch schon das ein oder andere Mal dabei, dass man den Eindruck hat, dass jede und jeder für sich in seinem abgeschlossenem Kreis lebt. Man umgeben ist von den Menschen, die so ziemlich gleich leben wie man selbst.
Wenn man sich für ein Ehrenamt entscheidet, dann taucht man ja manchmal auch in eine Welt ein, die einem selbst vielleicht fremd ist.
Ich will es mal plastisch machen: Das Ehrenamt, das mir persönlich am meisten in Erinnerung geblieben ist und mir am meisten bedeutet hat, ist eins, bei dem ich Kinder unterstützt habe.Bei ihren Hausaufgaben zum Beispiel. Aber ehrlich gesagt brauchten die mich da nicht wirklich, weil das kluge Köpfe waren.
Ich hab durchaus Situationen gehabt, in denen ich die Matheaufgabe noch im Kopf ausgerechnet habe und sie riefen die Antwort schon und fragten, ob wir jetzt endlich zum spaßigen Teil kommen könnten: Rausgehen und spielen!
Viel wichtiger für die Kids war es also, dass wir Unternehmungen gemacht haben, die sie sonst nicht hättenmachen können.Weil die Eltern sich das nicht leisten konnten, nicht den Kopf dafür hatten, weilsie so viele andere Sorgen hatten oder manchmal auch einfach noch nicht lange genug in Deutschland waren und dieTraditionen, Gepflogenheiten oder ums einfachauszudrücken: typisch deutsche Sachen hier noch nicht kannten.
Ich hab manchmal fast das Gefühl, dass ich mehr daraus gezogen habe, als vielleicht andersherum. Weil ich daraus mitnehmen konnte, dass ich einfach das Glück hatte aufzuwachsen mit einer Mutter, die alles dafür getan hat, damit ich in einem vernünftigen Umfeldlernen kann.
Sie hat sich immer bemüht, dass ich mich nicht anders fühle, sondernwie meine Mitschüler*innen.
Ich denke viele von Ihnen kennen das Gefühl auch, dass man erst einmal ein Ehrenamt annimmt und denkt, man selbst gibt etwas, aber am Ende des Tages merkt man, dass man selbst mehr zurück bekommt, als man dachte. Man reflektiert sich, seine Umgebung, vielleicht auch einfach die Gesellschaft, in der man lebt, nochmal neu und anders. Man merkt welche Privilegien man selbst möglicherweise hat und sortiert sich selbst nochmal neu ein in dieser Gesellschaft.
Deshalb bin ich davon überzeugt,dass das Ehrenamt mehr als eine Aufgabe ist. Es ist Ausdruck einer inneren Haltung, Ausdruck von Menschlichkeit und gutem Miteinander, ein echtes Geschenk an die Gemeinschaft.
Unsere Gesellschaft braucht das Ehrenamt – und wenn man ehrlich ist, sie lebt vom Ehrenamt. Was Sie alle hiereinbringen – freiwillig einbringen und aber auch selbst für sich mitnehmen, ist ein unverzichtbarer Bestandteilfür den Zusammenhalt unserer Gesellschaft.
Und Sie, meine Damen und Herren, die heute für Ihr Engagement geehrt werden, heben sich aus dieser Vielzahl engagierter Bürgerinnen und Bürger noch einmal besonders heraus. Für alle ehrenamtlich Engagierten, für die Sie hier stellvertretend stehen, ist der heutige Abend ein Zeichen dafür, dass Sie wahrgenommen und anerkannt werden.
Deshalb finde ich das super, dass Sie Herr Bürgermeister Traulsen die Ehrung der Ehrenamtlichen hier in Kappeln durchführen. Sie schaffen damit eine Bühne für Menschen, die wie selbstverständlich ihre „nicht-selbstverständlichen“ Aufgaben erfüllen und dabei oftmals nicht im Rampenlicht stehen.
Dafür möchte ich Ihnen allenim Name der Abgeordneten des Schleswig-Holsteinischen Landtages sehr herzlich danken!
Bevor ich zum Abschluss meiner Rede komme und uns allen einen wunderschönen Abend wünsche, entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie gegen 18 Uhr wieder verlassen werde, aber heute ist der Geburtstag meiner kleinen Schwester und in den letzten 23 Jahren gab es keinen einzigen, den ich je verpasst habe und so will ich es auch weiterhin halten.
Ich wünsche Ihnen für Ihre Zukunft auch weiterhin viel Freude, viel Ausdauer und viel Kraft für Ihr Ehrenamt.
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