Aminata war als Gastrednerin für den African Youth Award eingeladen. Die Veranstaltung dient der Sichtbarkeit Schwarzer Persönlichkeiten und junge Schwarze Menschen bei ihrem Weg in die Berufswelt zu motivieren.
Hier ihre Rede im Wortlaut:
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Studierende, liebe Auszubildende, liebe Gäste,
Herr Imasi kam vor einigen Wochen auf mich zu und hat mich gefragt, ob ich eine Gastrede auf der heutigen Veranstaltung halten möchte und ich habe keine sekundenlang gezögert.
Die Veranstaltung um den African Youth Award soll jungen schwarzen Menschen zeigen, dass erfolgreiches Schwarzes Leben in Deutschland stattfindet. Es soll die Sichtbarkeit Schwarzen Lebens in Deutschland zum Ausdruck bringen.
Ich bin Aminata Touré, 24 Jahre alt und Abgeordnete des schleswig-holsteinischen Landtages. Neben mir gibt es weniger als eine Handvoll schwarzer Abgeordnete in Deutschland. Und soweit ich weiß keine weitere weibliche Abgeordnete.
Die Sichtbarkeit Schwarzen Lebens zum Ausdruck zu bringen ist für mich ein wesentlicher Antrieb. Vor ungefähr einem Jahr habe ich mir die Frage gestellt: Willst Du für den Landtag kandidieren?
Und ich muss ganz ehrlich sagen, das war keine leichte Entscheidung.
Ich wollte mit einem klaren Profil antreten und als Abgeordnete die Themen Migration und Flucht, Frauen- und Gleichstellungspolitik machen.
Mir wurde oft die Frage gestellt, ob ich als Schwarze Frau nicht lieber ein anderes Thema machen möchte.
Aufgrund der Nähe zum Thema – meine Eltern sind vor 25 Jahren nach Deutschland geflohen und meine ersten 5 Jahre verbrachte ich in einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber*innen.
Ich habe diese Entscheidung immer bewusst getroffen.
Ich finde es wichtig, dass Menschen mit Migrationshintergrund für sich selbst sprechen.
Zu oft wird in Debatten ÜBER uns gesprochen und für mich ergibt es keinen Sinn, weshalb wir nicht selbst für uns sprechen können.
Ich wünsche mir zwar eine Gesellschaft, in der man nicht mehr für mehr Frauen in den Parlamenten kämpft oder in der man nicht mehr den Anspruch erhebt, dass mehr Migrant*innen in Parlamenten sitzen. Weil es eigentlich keine Rolle spielen sollte.
Weil jede und jeder, die in einem Parlament sitzt und Verantwortung trägt, es verinnerlicht hat, dass ein Parlament das Abbild der Gesellschaft ist und man für alle gesellschaftlichen Gruppen sprechen muss. Aber an diesem Punkt sind wir noch nicht.
Deshalb ist es mir wichtig über Flucht und Migrationspolitik zu sprechen, als jemand, der die Auswirkungen dessen hautnah erleben musste.
Ich will diese Erfahrung in den Diskurs mit einbringen.
2016 habe ich meine Abschlussarbeit in Politikwissenschaft über Schwarzen Feminismus in Deutschland geschrieben.
Was mir dort zum ersten Mal richtig bewusst wurde, war, dass wir hier eine Geschichte haben.
Dass es Frauen gab und gibt, die bereits seit den 80er Jahren für die Sichtbarkeit Schwarzen Lebens gekämpft haben. An der Spitze May Ayim, die gemeinsam mit Audre Lorde, einer afroamerikanischen Feministin die Bewegung in Deutschland startete. Viele Schwarze Frauen schloßen sich dieser Bewegung an und tun dies heute noch.
Diese Frauen, diese Geschichten haben mich ermutigt und mich in meiner Entscheidung gestärkt:
Sich nicht mit Zweifeln aufzuhalten, sondern dass zu tun, was ich tun will: zu kandidieren, mit den Themen, für die ich stehe.
Sie haben mich ermutigt, denn sie haben für die Rechte einer ganzen gesellschaftlichen Gruppe gekämpft.
Ich bin der Meinung, dass es sich lohnt sie dabei zu unterstützen – das Erbe weiterzutragen – und für die eigene und kommende Generationen ebenfalls zu kämpfen.
Und – so habe ich meine Aufgabe oder meinen Auftrag von Herrn Imasi hier heute verstanden, ist es, Euch alle zu ermutigen.
Aber wenn ich ehrlich bin, ermutigt MICH diese Veranstaltung wieder einmal mehr indem was ich tue.
Weil ich in einem Raum mit vielen Frauen und Männern bin, die höchstwahrscheinlich ähnliche Erfahrungen wie ich hier in Deutschland gemacht haben.
Und weil ihr alle, die ihr hier seid, euch nicht mit den Widrigkeiten aufhaltet, die man erfährt als Teil einer Minderheit innerhalb einer weißen Mehrheitsgesellschaft, sondern einfach euren Weg geht, wir unseren Weg gehen.
Teil einer Minderheit zu sein ist oftmals eine schmerzhafte und auch ausgrenzende Erfahrung.
Aber – und das ist etwas, woran ich mich viel stärker orientiere ist, dass es die Sensibilität für die Situation anderer Menschen schärfen kann, ganz gleich ob man der Minderheit angehört!
Und zum Schluss möchte ich nur noch eine Sache sagen:
Ich glaube, dass ihr alle – jungen Schwarzen Studierende und Auszubildende Vorbilder seid. Für unsere kleinen Geschwister. Für die Generationen nach uns. Unsere Verantwortung besteht darin es zu einer Selbstverständlichkeit werden zu lassen:
Dass es Schwarze Ingenieur*innen in Deutschland gibt.
Dass es Schwarze Polizist*innen in Deutschland gibt.
Dass es Schwarze Professor*innen in Deutschland gibt.
Dass es Schwarze Abgeordnete in Deutschland gibt.
Unsere Aufgabe ist es die Generationen nach uns zu motivieren. Sie zu ermutigen, dass sie an sich glauben sollen. Weil es keinen Grund gibt, es nicht zu tun.
Herzlichen Glückwunsch an die Preisträger*innen.
Ich wünsche uns allen einen Abend, an dem wir uns connecten und gegenseitig empowern!
Schreibe einen Kommentar
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.