Die SPD hat einen Antrag zur Sicherstellung des Versorgungsangebots von Schwangerschaftsabbrüchen in Schleswig-Holstein gestellt, den ihr euch hier durchlesen könnt. Wir haben als Koalition diesen Alternativantrag gestellt.
Meine Rede im Wortlaut:
Liebe Kolleg:innen,
nicht jede Schwangerschaft ist gewollt und es gibt viele Gründe, warum eine Schwangerschaft beendet wird. Diese Entscheidung trifft in letzter Konsequenz die schwangere Person. Es geht um ihr Leben und ihren Körper. Niemand hat das Recht, diese Entscheidung zu bewerten oder zu verurteilen. Das ist und bleibt unsere Grüne Überzeugung. Dafür haben wir seit jeher gekämpft und einige Verbesserungen errungen.
Wir haben erreicht, dass ein Schwangerschaftsabbruch unter bestimmten Bedingungen straffrei bleibt. Zusätzlich gibt es das Schwangerschaftskonfliktgesetz, ein ganz wichtiges Bundesgesetz. Es schafft für die Betroffenen konkret und vor Ort das Recht auf Beratung und auf den Abbruch. Die Länder müssen dafür Sorge tragen, dass die Infrastruktur für beides vorhanden ist. Deshalb finde ich es auch wichtig, diese Debatte zu führen und dort, wo wir Defizite feststellen, uns ehrlich in die Augen zu gucken und nachzubessern.
Flensburg ist eine Sache für sich. Es gibt dort vier Praxen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. Und das Diakonissen Krankenhaus. Die Malteser verweigern Schwangerschaftsabbrüche aus religiösen Gründen ganz grundsätzlich. Das wollen sie auch im gemeinsamen Zentralkrankenhaus durchsetzen. Aber es gibt deutlichen Gegenwind. Die Frauen wehren sich. Der Petitionsausschuss befasst sich aktuell mit diesem Thema. Die Grüne Ratsfraktion Flensburg hat bei der Bürgermeisterin Einsicht in die Vertragsunterlagen gefordert. Das alles ist wichtig und richtig.
Können sich Schwangere zeitnah und einfach informieren, wo sie Hilfe bekommen? Bedingt. Über die Beratungsangebote im Schwangerschaftskonflikt gibt es viele Informationen. Auf den Seiten der einzelnen Anbieter wie Pro Familia oder AWO. Und auch eine zentrale Zusammenstellung auf den Seiten des Ministeriums.
Bei den Praxen und Kliniken, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, sieht es ganz anders aus. Die Bundeskassenärztliche Vereinigung muss nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz eine entsprechende Liste führen. Aber deren Angaben sind lückenhaft. Sehr viele Adressen sind in Berlin und Hamburg. Aus Schleswig-Holstein nur vereinzelte. Das Problem ist: die Meldung ist freiwillig. Viele trauen sich nicht, sich dort registrieren zu lassen – aus Angst vor Repressionen. Das ist für die hilfesuchenden Frauen eine Katastrophe.
Wir Grüne wollen, dass sich hier etwas ändert. Wir wollen, dass die Landesregierung tätig wird und mit den Ärzt:innen spricht, wie wir zu einer realistischen Lösung kommen. Es darf nicht dabeibleiben, dass sich Frauen im Schwangerschaftskonflikt „durchtelefonieren“ müssen.
Und wir wollen einen besseren Schutz für die Schwangeren und die Institutionen erreichen, die einen Abbruch vornehmen. Selbsternannte Lebensretter:innen dürfen keine Möglichkeit haben, Frauen, Ärzt:innen und Berater:innen durch Pöbel, Drohungen und Gewalt einzuschüchtern.
Hessen hat den Kommunen die Möglichkeit eröffnet, Demonstrationen vor Beratungsstellen, Praxen und Kliniken einzuschränken. Dabei ist eine Abwägung zwischen den Persönlichkeitsrechten der Schwangeren, der Versammlungsfreiheit, Meinungsfreiheit und Religionsfreiheit zu treffen. Persönlich halte ich dies für einen guten Weg. Deshalb bitten wir als Jamaika-Koalition die Landesregierung, auch diese Option zu prüfen.
Abschließend: Es ist wichtig, dass Personen, die einen Abbruch durchführen wollen, dies tun können. Wir wollen uns deshalb auch nach dieser Debatte mit diesem Thema weiterhin auseinandersetzen. Wir wollen uns vor allem ansehen, wie das Projekt zur Förderung von anerkannten, ärztlichen Beratungsstellen, das durch Landesgelder finanziert wird, anläuft. In diesem Jahr konnte es bedingt durch die Corona-Pandemie nicht anlaufen. Im nächsten Jahr aber soll es losgehen.