Die Ehrung von Kolonialverbrechern hat keinen Mehrwert
Der SSW hat im vergangenem Jahr eine große Anfrage zur Aufarbeitung der Europäischen und Deutschen Kolonialgeschichte in Schleswig-Holstein gestellt, die ihr euch hier durchlesen könnt. Nun soll es in den Ausschuss gehen.
die Debatte um Aufarbeitung von Kolonialismus ist schnell an dem Punkt: Darf man nun Denkmäler zerstören von Männern, die mit dem Denkmal offensichtlich als Helden gefeiert werden oder nicht? Soll man nun Straßennamen umbenennen oder nicht?
Ich finde das spannend, weil ich das gar nicht so kontrovers finde. Weil mir niemand erklären kann, wo der Mehrwert ist, wenn Täter, die offensichtlich an Verbrechen gegen Menschen beteiligt waren, geehrt werden.
Die Debatte wird dann gerne geführt, indem man sagt, man könne so nicht mit der Vergangenheit umgehen und sie damit löschen. Aber das fordern die meisten auch gar nicht.
Es soll gerne eine Auseinandersetzung über den besten Weg geben, aber ein Straßenname oder ein Denkmal sind eine Ehrung. Ja – man kann eine Tafel daneben bauen und sagen, jetzt erklären wir zwar an der Stelle, weshalb wir einen Verbrecher ehren, aber er wird weiterhin geehrt.
Die Aufarbeitung von Kolonialismus ist nicht nur in Schleswig-Holstein, nicht nur in Deutschland, sondern eigentlich in allen Staaten kontrovers, die sich an den Verbrechen beteiligt haben.
Die Debatte ist auch sehr kontrovers, weil gerne so getan wird, als wäre das damals das allgemeine Mindset gewesen, Menschen zu versklaven und auszubeuten und man es nicht mit heutigen Menschenrechtsstandards vergleichen darf.
Und ja, natürlich sind unsere heutigen Menschenrechtsstandards viel höher als damals. Aber lassen Sie uns nicht so tun, als hätte es nicht schon damals massive Proteste von gerade denjenigen gegeben, die versklavt, verschleppt, misshandelt und letztlich auch getötet worden sind.
Die Debatte ist auch kontrovers, weil die eigene und die deutsche, die schleswig-holsteinische Verantwortung klar benannt werden muss.
Für uns Grüne ist bei der Aufarbeitung von Kolonialismus vor allem eines wichtig: Rassismen wie zum Beispiel antischwarzer Rassismus von heute besser zu begreifen und die Kontinuitäten in einen Zusammenhang zu bringen. Nicht die fünfhundertste Debatte darüber zu führen, weshalb das N-Wort oder andere rassistische Fremdzuschreibungen ein Problem sind. Wir wollen darüber sprechen, wie sich Stereotype bereits seit dem Kolonialismus festgesetzt haben, um sie heute zu dekonstruieren. Wir wollen, dass es ein Wissen darüber gibt, wie rassistische Ideologien von Deutschland aus auch in die Welt getragen wurden und legitimiert haben, Menschen zu versklaven. Wir wollen, dass Menschen wissen, wie Sprache geschaffen wurde, um zu entmenschlichen.
Das wollen wir, um eben all diesen Formen von Menschenverachtung etwas entgegnen zu können. Entlernen, was wir bewusst oder unterbewusst aufgesogen haben, ohne es kontextualisieren zu können.
Wir fordern deshalb als Koalition mit dem Landesaktionsplan gegen Rassismus, dass in Schulen das Thema Kolonialismus intensiver behandelt wird und damit auch in der Fortbildung von Lehrer*innen und vieles mehr. In einigen Wochen wird dieser endlich öffentlich zugänglich sein.
Wir finden die Forderungen des Antrages des SSW sehr spannend und haben ein großes Interesse daran, diese Punkte zu diskutieren und gegebenenfalls in den Aktionsplan aufzunehmen. Wir haben außerdem eine sehr spannende Anhörung im Bildungsausschuss zur Großen Anfrage Kolonialismus des SSW gehabt, die deutlich gemacht hat, dass wir noch einiges tun können in Schleswig-Holstein.
Festhalten kann man aber – und das ist das Wichtigste – dass es hier im Landtag seitens aller demokratischen Fraktionen ein großes Interesse gibt, über die Aufarbeitung zu diskutieren. Wir haben unterschiedliche Vorstellungen in der Schwerpunktsetzung und werden bei dem einen oder anderen Thema sicherlich auch sehr kontrovers diskutieren. Deshalb freue ich mich auch auf die weiteren Beratungen im Ausschuss und bitte deshalb um die Überweisung.