Ich wurde für eine Ausgabe der Süddeutschen Zeitung interviewt.
Nach einer Paywall könnt ihr das ganze Interview hier lesen.
Hier ein Auszug:
SZ: Gibt es also keinen Unterschied zwischen Identitätspolitik und Politik?
„Wenn in Deutschland über Identitätspolitik gesprochen wird, hat man das Gefühl, es geht um eine diskriminierte Minderheit, die sich angeblich den ganzen Tag nur um sich selbst dreht und sagt: Das und das finden wir doof, und wir wollen, dass uns mehr zusteht als allen anderen. Und das ist völliger Bullshit. Es geht um Gleichberechtigung. Ich meine, es waren nicht die Grünen, die auf einem Heimatministerium bestanden haben. Und es sind auch nicht die Grünen, die darauf bestehen, Kreuze in öffentlichen Behörden aufzuhängen. Eigentlich ist das Identitätspolitik at its best. Nur nennt man das lieber Leitkulturdebatte, weil es hier die Dominanzgesellschaft ist, die Forderungen stellt.“
SZ: Wenn alles in Wahrheit Identitätspolitik ist, warum wird darüber gerade jetzt so emotional geredet?
„Weil wir bisher immer darüber gesprochen haben, was die Mehrheitsgesellschaft von Menschen erwartet, die zu den BIPoC gehören (Black, Indigenous, People of Color; Anm. d. Red.). Jetzt wurde aber einmal der Spieß umgedreht und gesagt: Unsere Gesellschaft ist aber vielfältiger, auch wir BIPoC sind Teil von ihr, auch wir haben Forderungen an die Dominanzgesellschaft. Das haben wir uns lange Zeit gar nicht getraut, weil wir dachten: Das Recht haben wir nicht. Seitdem wir es einfordern, wird es plötzlich als Identitätspolitik abgewertet.“
SZ:Welcher Begriff würde besser passen?
„Ich würde in Deutschland eher Antidiskriminierungspolitik dazu sagen. Denn hier diskutieren wir Identitätspolitik nicht mit dem historischen Ursprung der afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung. Das ist das, worum es im Kern geht: den Schutz von Bürger*innenrechten, die in der Verfassung verankert sind. Ich glaube, es ist auch kein Zufall, dass die Aufregung um Identitätspolitik ausgerechnet jetzt, nach dem Jahr 2020, implodiert.“