Heute denke ich gerne zurück an das Bundestreffen der Initiative für Schwarze Menschen in Deutschland zurück. Oder an die Reise nach Washington D.C. – Black Caucus Conference. Oder an die Treffen mit ADEFRA. Oder an die Treffen mit dem Kollektiv – afrodeutscher Frauen*. Oder an die vielen anderen Treffen mit Schwarzen Organisationen, Aktivist*innen, Akteur*innen und Freund*innen.
Wieso? Weil wir gestern Abend im Rahmen der Homestory Ausstellung in Kiel zusammen saßen, den Film Audre Lorde zusammen geguckt haben und im Anschluss diskutiert haben. Wir haben über die Schwarze Frauenbewegung, über Schwarze Räume, über Schwarze Selbstbestimmung und vieles mehr gesprochen. Irgendwann der Moment – eine weiße Person sagt, sie wisse nicht, wie sie sich verhalten solle, wenn sie Schwarze Menschen sieht. Sie fühle sich manchmal auch unwohl, wenn sie uns Schwarze Menschen in Gruppen sieht.
Dieser Moment hat mich sehr wütend gemacht und ich hab dieser Wut auch Ausdruck verliehen. Wieso? Weil es etwas ist, was man uns immer vermittelt. Wir seien als Gruppe angsteinflößend. Wir lösen Ängste in Menschen aus. Wir sind leicht verdaulicher in kleinen Mengen. Das internalisieren wir als Schwarze Menschen.
Wir sitzen zusammen in einem Raum. Schwarze wie weiße Menschen, mit dem Interesse Schwarze Perspektiven zu diskutieren. Schwarze Bedürfnisse zu formulieren. Antischwarzen Rassismus zu diskutieren und Strategien dagegen zu entwickeln. Es sind diese Formen von Verletzungen, die uns regelmäßig begegnen. Entmenschlichungen, für die wir auch noch Verständnis aufbringen sollen und Handlungsempfehlungen aussprechen sollen, während man uns aufs Derbste verletzt.
Ich bin zum Thema Rassismus viel unterwegs. Ich kämpfe politisch dafür, dass wir Strategien entwickeln, damit Menschen, die Rassismus erfahren, dem weniger ausgesetzt sind. Ich kämpfe dafür, dass wir ein gesamtgesellschaftliches Zusammenleben hinbekommen, indem man sein kann, wer man will.
Und ich werde oft gefragt, warum ich den Begriff „Kampf“ sooft benutze. Weil es sich genau so anfühlt. Ein Kampf mit sich selbst – wie viel erträgt man?
Ein Kampf mit der Außenwelt – welche Auseinandersetzungen müssen wir führen? Welche sind notwendig? Welche bringen uns voran?
Ein Kampf innerhalb der Community – welche Forderungen haben wir? Wie definieren wir uns als Schwarze Gruppe? Als Gruppe von People of Color? Wollen wir uns als Gruppe definieren lassen?
Und es gibt schlichtweg Grenzen, die überschritten werden. Momente, in denen wir entmenschlicht werden und wir zeitgleich verantwortlich gemacht werden, auf die Gefühle derer mehr Wert nehmen zu müssen, die uns beleidigen, als auf unsere eigenen.
Ich will eine Gesellschaft, in der all diese Kategorien nicht bestimmen, wer wir sind, was wir können, wohin unsere Reise geht. Aber nicht indem wir verkennen, wer wir sind, was wir können, was wir erleben. Die Reise hin zu dieser Gesellschaft geht nur mit der Anerkennung der Erfahrungen, die wir als Minderheiten in dieser Gesellschaft erleben.
Ich kanns nicht mehr hören, wenn Leute sagen: „Ey, ist doch egal, wir sind alles Weltbürger*innen!! Yippie! Hautfarbe ist FÜR MICH persönlich total egal.“ Schön für dich. Für viele andere schon. Für Neonazis, für Rassist*innen, für Faschist*innen. Erspar mir deine Toleranz, die eigentlich nur Ignoranz ist, weil sie verkennt, was wir erleben und du die Möglichkeit versperrst, etwas dagegen zu tun, weil du nicht hinsiehst.
Es gibt Grenzen, die überschritten werden, die ich nicht akzeptiere. Weil sie zu sehr schmerzen und uns entmenschlichen.
Deshalb denke ich heute gerne zurück an all diese Treffen und Räume, in denen wir uns nicht als Bedrohung empfinden müssen, wenn wir zusammen kommen und einfach sein können. Einfach entspannen und zwar auch körperlich. Loslassen können und für kurze Momente das erlernte Anpassen auszublenden. Das erlernte Anpassen, das wir lernen, um kein Unbehagen auszulösen.
Ich teile und poste viele Bilder von Schwarzen Menschen und oft auch in Gruppen. Oft in Momenten der Freude, der Wertschätzung oder der Anerkennung. Wenn wir zusammen kommen und etwas auf die Beine stellen. Uns austauschen. Einfach nur wir selbst sind. Diese Räume sind so wichtig – diese Sichtbarkeit so notwendig. Für uns alle.
Es ist eine Momentaufnahme, die beschreibt, weshalb viele von uns das tun: Gegen Rassismus zu kämpfen. Damit die nächsten Generationen es einmal leichter haben und nicht entmenschlicht werden.
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