Hier könnt ihr einen Beitrag des STERN dazu lesen.
Ich habe eine Wut im Bauch. Die Debatte um die Teilnahme oder Absage an der Frankfurter Buchmesse ist voll in Gange. Ausgelöst durch die Absage von Jasmina Kuhnke, die für sich entschieden hat, dieser berechtigterweise fernzubleiben, weil ein rechter Verlag von der Buchmesse nicht ausgeschlossen wird.
Die Dynamik, die nun entsteht, ist folgende: Gerade Schwarze und POC Autor*innen sind vor die Wahl gestellt, solidarisch zu sein, indem sie absagen und unsolidarisch, indem sie teilnehmen. Die Unmöglichkeit von Schattierungen bedeutet das.
Es bedeutet, dass gerade diejenigen, die an solchen Orten sonst nicht stattfinden und diesmal vermehrt die Möglichkeit gehabt hätten, es wahrscheinlich nicht tun werden. Das ist traurig.
Mich macht es wütend, dass es vor allem Schwarze Frauen sind, die vor diese Entscheidung gestellt werden, Kämpfe, die eigentlich die gesamte Gesellschaft führen sollten, alleine zu führen. Ihre eigenen Wünsche und Träume einbüßen werden, wie zum Beispiel das eigene (erste) Buch auszustellen, darüber zu diskutieren, sich zu freuen, um für das Große Ganze zu kämpfen.
Ein eigenes Buch zu schreiben ist ein Meilenstein. Ein Buch zu schreiben, bei dem es eben vor allem um diese Themen geht: Machtverteilung und Räume einzunehmen. Mein Buch beginnt mit den Worten von Rupi Kaur „break down /every door they built/ to keep you out/ and bring all your people with you“ Das ist es, wofür ich jeden Tag politisch kämpfe und auch in meinem Buch schreibe.
Ich verstehe die Statements der Buchmesse nicht und sie sind für mich nicht tragbar. Seit Jahren scheint genau das immer wieder Thema zu sein, dass Rechte dort sind und es tätliche Auseinandersetzungen gegeben hat.
Ich bin eine Schwarze Politikerin, die regelmäßig im Parlament und auf Veranstaltungen in Anwesenheit von Rechten für Themen wie Antidiskriminierung streitet. Es ist mein Alltag. Damit auch Anfeindungen. Ich kann es absolut nachvollziehen, wenn man sich selbst und auch die eigene Familie diesem Risiko nicht aussetzen möchte, in einem Raum mit Rechten zu sein. Ich bin mit jeder Person solidarisch, die das nicht tun möchte, so wie Jasmina Kuhnke. Es ist fatal, dass es Menschen in unserer Gesellschaft gibt, die das abwägen müssen und andere nicht.
Ich sage aber auch für mich als Person, dass ich meinen Job als Abgeordnete und Vizepräsidentin schlichtweg nicht machen könnte, wenn ich alle Räume meiden würde, an denen Rechte stattfinden. Aber ich möchte diesen Job machen, weil ich möchte, dass eben Rechte nicht an diesen Orten stattfinden.
Das ist für mich mein politischer Antrieb. Jeden Tag. Ich habe mich dieses Jahr so sehr darüber gefreut, wie viele Schwarze und POC Autor*innen Bücher veröffentlicht haben. Als ich 2015/2016 an meiner Bachelorarbeit geschrieben habe über den Schwarzen Feminismus in Deutschland, gab es hier so wenig zu finden.
Das ist heute anders und das macht mich unglaublich stolz. Ihr alle macht mich stolz, die ihr Bücher schreibt und für eine Vielfalt der Schwarzen Lebensrealitäten und Perspektiven steht. Das war und ist genau das, was ich mir immer gewünscht habe. Die Vielfalt unserer Lebensrealitäten darstellen zu können, weil sie es nun mal sind. Stolz hat mich auch gemacht, wie viele von uns an der Buchmesse teilnehmen wollten.
Ich sage euch ehrlich, ich weiß noch nicht, ob ich es teilnehmen werde. Ich denke noch nach.